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Schweizer Führungskräfte im Gespräch
Bei uns ist kein Mitarbeitender einer unter vielen

Claudia Streuli, CEO und Präsidentin des Verwaltungsrates, Streuli Pharma AG kennt alle Mitarbeitenden mit Namen, schreibt gerne mal einen persönlichen Brief und weiss, wie sie ihr Unternehmen neben den Global Players erfolgreich ins 151. Jahr führen kann.

Hatten Sie als Kind einen Traumberuf?
Nein. Ich verbrachte als Kind gerne Zeit im Familienbetrieb und durfte begeistert bei der Herstellung von Salben mithelfen. Trotzdem schwebte mir damals kein Traumberuf vor.

Heute sind Sie Geschäftsführerin und Inhaberin der Streuli Pharma AG. Welche 3 Meilensteine sehen Sie als zentral in Ihrer Karriere?
Der erste grosse Meilenstein war der Berufseinstieg nach dem Pharmazie-Studium. Das fühlte sich an wie ein Ankommen in einer anderen Welt. Plötzlich übernahm ich stark männerdominierte Abteilungen und sass Mitarbeitern gegenüber, die mich bereits als Kind kannten. Rasch lernte ich, von einem kollegialen zu einem stufengerechten Führungsstil überzugehen. Zwei weitere Meilensteine folgten 2003 mit der Übernahme der Geschäftsführung und schliesslich 2014 des Verwaltungsratspräsidiums.

Was braucht es, um erfolgreich zu sein in Ihrer Position?
Leidenschaft, viel Interesse an den Aufgaben – und eine gewisse Leidensfähigkeit. Je weiter oben man sich in der Hierarchie befindet, desto einsamer ist man. Die Hauptverantwortung liegt bei mir. Das ist nicht nur einfach.

Welchen Stellenwert besitzen soziale Medien für Sie?
Ich pflege einen zurückhaltenden Umgang mit sozialen Medien (Facebook, LinkedIn) und bevorzuge den persönlichen Kontakt. Gerne nehme ich auch mal einen Stift in die Hand und verfasse einen persönlichen Brief oder eine Karte.

Gratulation zum 150 Jahre Jubiläum. Was bedeutet Tradition bei der Streuli Pharma AG und wie schaffen Sie es, gleichzeitig innovativ zu sein?
Tradition heisst nicht, den Führungsstil wie vor 150 Jahren aufrecht zu erhalten. Es bedeutet das Hochhalten eines Wertesystems. Das schliesst Innovation nicht aus – im Gegenteil: Innovation ist der Grund, weshalb wir seit 150 Jahren erfolgreich bestehen. Jede Generation entwickelte das Unternehmen weiter.

Sie führen die Streuli Pharma AG in der 5. Generation. Was machen Sie gleich wie Ihre Vorfahren – und was anders?
Wie meine Vorfahren setze ich auf Nachhaltigkeit. Gewinnoptimierung steht bei uns nicht an oberster Stelle. Schon seit den Anfängen begegnen wir den Mitarbeitenden mit Respekt.
Ich kenne beispielsweise jeden unserer rund 200 Angestellten mit Namen. Wer bei uns neu eingestellt wird (ob in meiner Linie oder in einer anderen), wird mir gleich zu Beginn persönlich vorgestellt.
Bereits die Tatsache, dass ich (abgesehen von meiner Ururgrossmutter, die ein paar Jahre unsere Apotheke führte) der erste weibliche CEO und die erste weibliche Verwaltungsratspräsidentin des Unternehmens bin, stellt eine offensichtliche Veränderung dar. Ich arbeite mit modernen Managementsystemen und achte auf transparente Kommunikation. Zudem rückte in meiner Generation das Marketing stärker in den Fokus.

Ist es für Mitarbeitende in Ihrem Familienbetrieb schwieriger, Verantwortung zu übernehmen als in einer klassischen Kapitalgesellschaft?
Einer unserer Vorteile ist die Betriebsgrösse: Es fällt Mitarbeitenden einfacher, sich einzubringen und aktiv an Diskussionen teilzunehmen. Die Entscheidungswege sind kurz. Bei uns ist ein Mitarbeiter eben nicht einfach einer unter vielen. Ein Risiko sehe ich eher darin, dass klar ist: wenn alle Stricke reissen, übernimmt die Eigentümerin die Verantwortung. Ein Gedankengut, welches wir versuchen, durch professionelle Führung in positive Aktivität umzuwandeln.

Über welche drei Persönlichkeitsmerkmale sollte Ihrer Meinung nach eine Führungsperson verfügen, um erfolgreich ein Team zu leiten?
Auf drei lässt sich das nicht beschränken: Empathie, die Fähigkeit zu motivieren, Kritikfähigkeit, Offenheit und viel Mut. Es ist der Charakter, der zählt. „Führen“ lässt sich zum Teil auch lernen. Aber wie mein Vater so schön zu sagen pflegte: „Wo kein Holz ist, gibt es keine Pfeife“.

Nahmen Sie selbst Coachings in Anspruch?
Als Älteste von drei Schwestern übernahm ich früh Verantwortung und mache dies auch heute noch gerne. Ich haderte nie damit, Entscheidungen zu treffen. Das Führungsverständnis entwickelte sich bei mir quasi von selbst. In meiner Laufbahn stellten sich Coachings für gewisse Situationen trotzdem als sehr hilfreich heraus. Zum Beispiel, als es in einer männerdominierten Berufswelt noch nicht Usus war, dass eine Frau eine Führungsfunktion übernimmt. Ein Thema übrigens, das noch heute aktuell ist.

Welche Vorteile bringt es Ihnen, in der Schweiz zu produzieren?
Schweizer Qualität ist nach wie vor ein wichtiges Kriterium in unserer Branche. Denken Sie nur an die Arzneimittelsicherheit. In der Schweiz werden wir höchsten Ansprüchen gerecht. Zudem verfügen wir hier über hochqualifizierte Mitarbeitende – welche wiederum unsere eigenen ambitionierten Anforderungen erfüllen.

Sie vertreiben ein sehr breites Sortiment an Human- und Veterinärarzneimittel, Dentalmedizin sowie Generika. Bleiben Sie dieser Diversitäts-Strategie auch in Zukunft treu?
Es ist nicht immer einfach, die verschiedenen strategischen Geschäftsbereiche gleichzeitig zu führen und deren diversifizierten Anspruchsgruppen bedürfnisgerecht zu begegnen. Dennoch lohnt sich der Aufwand – die Sortimentsbreite bietet grosse Chancen.

Denken Sie, dass kleine Pharmabetriebe den internationalen Grosskonzernen langfristig Paroli bieten können?
Ja, davon bin ich überzeugt, sonst würde ich die Streuli Pharma AG nicht ins 151. Jahr führen. Unsere Chancen sind die Nischen – Globalplayer fokussieren auf Grosses. Dazwischen gibt es genügend Platz genau für uns. Mit dieser Strategie werden wir auch in Zukunft erfolgreich sein.

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