Schweizer Führungskräfte im Gespräch
Faszination ist der stärkste Karrieretreiber
Der Werdegang von Rolf Wildermuth, Country Director der Medtronic Schweiz AG, wurde durch Glück massgebend beeinflusst. Er ist überzeugt, dass Faszination Karrieren vorantreibt. Speziell für den Aussendienst sieht er die Herausforderung der Zukunft darin, einer veränderten Rolle gewachsen zu sein.
Hatten Sie als Kind einen Traumberuf?
Mein Vater nahm uns früher an regnerischen Wochenenden mit zum Flughafen. Damals träumte ich davon, Pilot zu werden.
Heute sind Sie Country Director der Medtronic (Schweiz) AG. Gab es einen Schlüsselmoment, der Ihre Karriere bedeutend prägte?
Eigentlich war es weniger ein Schlüsselmoment, sondern vielmehr Glückssache: Ich erfuhr durch einen Freund von den Möglichkeiten, welche ein grosser Medtech-Konzern in den USA einem Quereinsteiger bot.
Sie besassen damals eine kleine Handelsfirma für Sportbekleidung. Was bewog Sie dazu, den Schritt in eine neue Zukunft zu wagen?
Faszination. Der Gedanke, an einem OP-Tisch stehen zu können, faszinierte mich. Für mich klang es auch unglaublich, dass es beispielsweise Klammern geben sollte, die einem Patienten den Darm zusammennähen. Ich erinnere mich sehr gut an dieses Gefühl. Es begleitet mich noch heute in meinem Beruf und treibt mich voran. Faszination für das, was man macht, ist für mich der stärkste Karrieretreiber.
Wie gelang es Ihnen, Ihr aussergewöhnliches Ziel zu erreichen?
Ich nahm den Telefonhörer in die Hand und bewarb mich für die Stelle. Rund eine Woche später sass ich im Flugzeug auf dem Weg zum Vorstellungsgespräch in Connecticut. Während des Gesprächs wurde mir bewusst, was für eine riesige Chance sich mir in dieser innovativen Branche bot.
Wäre ein Karriereschritt dieser Art heute noch sinnvoll?
Ja, beispielsweise zählt ein mehrjähriges Auslandsengagement zu den Erfolgsfaktoren für eine junge Person mit Karriereplänen in der Medtech-Branche. Allerdings wäre heute anstelle der USA eher der asiatische Raum spannend, wo sich die Märkte rasant entwickeln.
Die Medtronic ist weltweit in über 160 Ländern präsent. Die Unternehmensgeschichte begann jedoch bescheiden mit der Gründung einer Reparaturwerkstatt für Medizinprodukte im Jahr 1949. Ist der Spirit der beiden Gründer heute noch spürbar?
Mitgründer Earl Bakkens Mission, einen Beitrag zum Wohl der Menschen zu leisten, steht noch heute im Zentrum unserer Arbeit. Der Patientennutzen ist für uns oberstes Ziel. Earl Bakken ist leider am 21. Oktober dieses Jahres verstorben. Er war und bleibt eine Inspiration für viele Menschen. Er legte grossen Wert auf den Austausch mit Patienten und Mitarbeitenden und war Teil mehrerer philanthropischer Projekte. Die von Earl Bakken ins Leben gerufene Medtronic Mission, Schmerzen zu lindern, Gesundheit wiederherzustellen und Leben zu verlängern, ist bis heute in unserem Unternehmensalltag schwer verankert.
Was ist der augenscheinlichste Unterschied der Technik von heute im Vergleich zu damals?
Generell wurde die Technologie mehr und mehr minimalinvasiv – d. h. Eingriffe werden mit kleinstem Trauma durchgeführt. Wir produzieren zum Beispiel Miniaturschrittmacher in der Grösse einer 2-Euro-Münze, welche über die Oberschenkelvene direkt ins Herz implantiert wird. Es entsteht dadurch keine übliche Narbe mehr und Patienten erholen sich generell schneller vom Eingriff. Viele Geräte sind zudem heute digitalisiert. Unsere Herzschrittmacher besitzen beispielsweise drahtlose Fernüberwachung.
Ist diese technische Branche eine Männerdomäne geblieben?
Nein, überhaupt nicht. Wir sind sehr stolz darauf, dass bei uns in der Schweiz 49 % der Mitarbeitenden Frauen sind. Diversität wird auch in anderen Bereichen gelebt: So sind bei Medtronic (Schweiz) AG Menschen aus 15 verschiedenen Nationen tätig.
Welche Rolle spielt der Aussendienst für den Erfolg der Medtronic?
Meiner Meinung nach bildet der Aussendienst das Rückgrat unserer Firma und ist die Visitenkarte beim Kunden.
Wie sehen Sie die Zukunft des Aussendienstes?
Ich bin überzeugt, dass sich seine Rolle verändern wird. Basierend auf dem Gedanken von Professor Michael Porters „Value-Based Health Care Delivery“ steht in Zukunft die Qualität noch stärker im Fokus. Porter schreibt in seinem Werk, dass Kostensenkungen am grössten seien, wenn die Behandlungsqualität hoch ist.
Ein interessanter Ansatz. Wie geht diese Bilanz auf?
Qualität wird an der Patientenzufriedenheit und den Ergebnissen gemessen. Schlechte Qualität kann entsprechend teuer werden: eine Infektion, oder die fehlerhafte Anwendung eines Gerätes zum Beispiel, kann hohe Kosten nach sich ziehen. Funktioniert ein Gerät effizienter und sind Ärzte und OP-Personal entsprechend geschult, kann dies die Behandlungszeit verkürzen oder Komplikationen vorbeugen. Für das Spital bedeutet dies längerfristig weniger Kosten und für den Patienten bessere Ergebnisse.
Was bedeutet der Qualitätsfokus für den Aussendienst?
Die Anforderungen steigen. Er muss noch stärker den klinischen Nutzen des Produktes verstehen und dem Anwender vermitteln. Der Aussendienst der Zukunft ist noch besser ausgebildet und hochspezialisiert.
Gerade Punkto Qualität steht die gesamte Branche unter wachsendem Druck. Wie geht die Medtronic damit um?
Die Medical Device Regulation (MDR) der EU bedeutet für die Branche generell einen höheren Ressourcenaufwand, vor allem wenn es um die Zulassung von Medizinprodukten geht. Die Medtronic setzte bereits in der Vergangenheit auf hohe Qualität und besitzt beispielsweise sehr gute Wirksamkeitsstudien. Deshalb geraten wir durch die Regulierungen nicht ins Wanken. Was man bei all den Regulierungen rasch übersieht ist, dass diese durchaus auch Vorteile mit sich bringen. Sie führen zu mehr Sicherheit. Das schätze ich persönlich.
Welche Highlights dürfen wir von der Medtronic (Schweiz) AG in den kommenden Jahren erwarten?
Unsere Pipeline ist voll. Produktinnovationen stehen weiterhin im Zentrum der Medtronic (Schweiz) AG. Wir lancieren zum Beispiel ein Diabetes-Pumpensystem, welches die Abgabe von Basalinsulin 24 Stunden am Tag individualisiert und automatisiert* und somit vor Über- und Unterzuckerungen schützt. Diese Technologie ist momentan einzigartig auf dem Markt.
Besten Dank für das spannende Gespräch.
*Benutzerinteraktion weiterhin erforderlich.