Schweizer Führungskräfte im Gespräch
Von der Pflegefachfrau zur CEO
Franziska Berger, gelernte Pflegefachfrau und heutige CEO des Spitals Lachen, spricht im Stettler CEO Talk über ihre Karriere, den Konkurrenzkampf und die strategischen Ansätze des Spitals Lachen und verrät, warum Locarno seit 30 Jahren ihre Lieblingsdestination ist.
Franziska Berger, Ihre Karriere ist beachtlich – Sie sind als Pflegefachfrau gestartet und nun seit Februar 2019 CEO der Spital Lachen AG. Haben Sie Ihre Karriere entsprechend geplant?
Nicht direkt. Als ich anfing als Pflegefachfrau zu arbeiten, war mir jedoch schnell klar, dass mir Führen liegt. Schnell wurde ich Stationsleiterin, dann Pflegedienstleiterin. So ging es weiter bis hin zur CEO eines Spitals.
Was sind Ihre Tipps für eine Führungskarriere in der Pflege, was sollte man besonders beachten?
Ich bin überzeugt, dass man Führungsqualitäten nur bedingt durch Trainings, Aus- und Weiterbildungen erlernen kann. Es ist wichtig, das Ausmass des eigenen „Führungstalents“ zu erkennen und den Mut zu haben, bekanntes Terrain zu verlassen. Das ist wichtig, um den nächsten Karriereschritt anzugehen und den eigenen Platz in der Führung zu finden. So ist es beispielsweise gut möglich, dass man als Stationsleitung in der Lage ist, sehr gute Leistungen zu erbringen, aber der nächste Karriereschritt Mühe bereitet. Man sollte die eigenen Grenzen respektieren, ohne sich dafür zu verurteilen.
Denken Sie, dass Führungsqualitäten bereits in der Jugend sichtbar werden?
Ich glaube schon. Bei mir war es die Pfadi, da hatte ich als 16-Jährige viel Spass als Pfadiführerin von einem Trupp von 50 Mädchen. Damals hatte ich schon gerne den Überblick und plante die nächsten Schritte. Zu der Zeit konnte ich auch erkennen, dass es auch andere Charaktere gibt. Solche, die den Überblick gar nicht haben wollen und sich wohler fühlen, wenn sie einfach ihren Teil beitragen können.
Verschafft Ihnen Ihr Pflege-Hintergrund Vorteile in Ihrer Funktion als CEO?
Ein grosser Vorteil ist, dass ich das Kerngeschäft aus eigener Erfahrung sehr gut kenne. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich das Pflegepersonal, das den grössten Anteil der Belegschaft ausmacht, durch mich gut vertreten fühlt.
Und die Nachteile?
Als CEO ohne juristischen, ökonomischen oder betriebswirtschaftlichen Hintergrund fehlen mir diese Aspekte. Da ist es sehr wichtig, offen und ehrlich dazu zu stehen, sich das Elementarste anzueignen und zu schauen, dass die noch nötigen Kompetenzen in der Geschäftsleitung vorhanden sind.
Wenn Sie auf Ihre Karriere zurückblicken, welche Herausforderungen haben Sie am meisten geprägt?
Situationen der Ohnmacht, die nicht zu ändern sind. Ich habe im Laufe meiner Karriere einige Absagen bei Bewerbungen auf Stellen erhalten, die ich sehr gerne gehabt hätte. Da konnte ich lernen, auch solche Situationen gelassen hinzunehmen und einfach weiterzumachen.
Eine aktuelle Herausforderung besteht darin, dass das Spital Lachen zwar eine Aktiengesellschaft ist, die eigentlich viele Entscheidungen selbst treffen könnte. Doch unser Gesundheitssystem schränkt die unternehmerische Freiheit in vielerlei Hinsicht erheblich ein. Das ist eine grosse Herausforderung, beinahe eine „Mission Impossible“.
Als CEO des Spitals Lachen tragen Sie viel Verantwortung. Wie gehen Sie damit um?
Als CEO trägt man die Gesamtverantwortung auch für Dinge, die man selber nicht beeinflussen kann, d. h. ich bin mir stets bewusst, dass ich mich auf einem Schleudersitz befinde – die Situationen können sich jederzeit ändern. Statt mir Gedanken zu machen, was alles passieren könnte, führe ich transparent und mit sehr viel Vertrauen in meine Belegschaft. Und sollte etwas passieren, schauen wir weiter.
Was tun Sie gegen Stress?
Ich bin gerne vor 6 Uhr morgens im Büro, um meine Pendenzen abzuarbeiten, damit ich dann einigermassen ruhig in den Arbeitsalltag starten kann. Mit dieser Strategie fahre ich sehr gut, denn mich stresst es, wenn ich viele Dinge noch erledigen muss und keine Zeit dafür habe. Und dann versuche ich trotz der vielen Arbeit eine optimale Work-Life-Balance zu erreichen. Dabei hilft es mir u. a., wenn ich mich an der frischen Luft bewege, ein bisschen Sport treibe oder mich mit Freunden treffe.
Das Spital Lachen ist geografisch nicht sehr optimal gelegen, die Konkurrenz ist gross. Gibt es diesbezüglich neue strategische Ansätze, um die Situation zu optimieren?
Wir möchten das Spital neu bauen, weil uns das im Markt stärken wird. Zusätzlich wollen wir uns als Spital weiter positionieren, indem wir Kooperationen suchen mit grösseren Partnern und mit diesen unsere breite Angebotspalette aufrechterhalten oder sogar erweitern können. Wir sind ein kleines Spital und haben für unsere Grösse bereits heute aussergewöhnliche Angebote, wie z. B. die Übergewichts- und Gefässchirurgie, das Herzkatheterlabor oder eine grosse Onkologie. Das sind Angebote, die sonst nur bei mittelgrossen Spitälern vorhanden sind. Zudem erfüllen wir hohe Qualitätsansprüche und wollen gleichzeitig möglichst kostengünstig sein.
Welche Menschen inspirieren Sie?
Beruflich sind das Führungspersonen, die ich direkt erlebt habe und bis heute zu Rate ziehe. Die Künstlerin Frida Kahlo, eine Frau, die trotz ihrer Krankheit und ihrem Leiden ihre Leidenschaft gelebt hat, sowohl in den Beziehungen als auch in der Kunst, ist für mich eine grosse Inspiration.
Was begeistert Sie, wenn Sie nicht arbeiten?
Schwimmen, Wandern, Velofahren, Skifahren und ich bin ein totaler Kinofreak. Seit 30 Jahren gehe ich jedes Jahr zum Filmfestival in Locarno und schaue 10 Tage lang einen Film nach dem anderen.