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Schweizer Führungskräfte im Gespräch
Innovationen ganzheitlich betrachten

Sarah Müller, Managing Director MedTech Switzerland bei Johnson & Johnson, spricht im Stettler CEO Talk über die wichtigsten Dinge, die sie auf Ihrem Berufsweg lernen durfte und erläutert, was es bedeutet, Innovationen aus einer ganzheitlichen Perspektive zu betrachten und worin sie die grössten Herausforderungen in der Zukunft des Health-Care-Bereichs sieht.

Frau Müller, Sie waren bereits bei DePuy Synthes tätig als das Unternehmen vor über 10 Jahren durch Johnson & Johnson übernommen wurde. Welchen Einfluss hatte diese Übernahme auf Ihre Karriere?

Grundsätzlich treiben mich Herausforderungen und Veränderungen an, das war auch damals so. Durch die Integration haben sich für mich einerseits neue Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet und anderseits habe ich viel gelernt und bin dank diesem Prozess auch persönlich gewachsen. Zum Zeitpunkt der Übernahme war ich in Lateinamerika tätig und wurde dort mit der Integration eines der Geschäftsbereiche beauftragt. Wichtige Erfahrungen gesammelt habe ich damals vor allem darin, wie die Unternehmenskultur gestärkt und weiterentwickelt werden kann und ich habe die herausragende Bedeutung von Kommunikation erlebt.

Die Produkt-Innovation bei Johnson & Johnson ist enorm. Sind aktuell wieder neue Produkte zu erwarten, welche bald auf den Markt kommen?

Wir bringen jährlich viele Innovationen in den unterschiedlichsten Bereichen auf den Markt. Für uns bedeutet Innovation nicht einfach ein neues Implantat oder Instrument auf den Markt zu bringen, sondern wir betrachten Innovationen aus einer ganzheitlichen Perspektive. Dabei stellen wir den Patienten ins Zentrum und streben eine Ergebnisverbesserung an bei gleichbleibenden oder tieferen Kosten über den gesamten Patientenpfad (nach den Prinzipien von VBHC, Value Based Healthcare). Unsere Innovationen gehen also über das Produkt selbst hinaus, beinhalten Prozess- und Technologieverbesserungen und zum Teil auch Digitalisierung, um die Produktleistung zu steigern oder zu sichern. Innovationen in diesem erweiterten Sinne bedürfen gute externe Partnerschaften und agiles Handeln.

Wo sehen Sie zukünftig die grössten Herausforderungen im Health-Care-Bereich, nebst dem steigenden Kostendruck?

Die grössten Herausforderungen resultieren wohl aus dem Arbeitskräftemangel und den damit verbundenen Veränderungen der Arbeitsmodelle: Wir Unternehmen im Gesundheitswesen müssen uns vermehrt für die Ansprüche der verschiedenen Generationen interessieren, integrative Unternehmenskulturen schaffen und Mitarbeiterzufriedenheit für alle fördern. Weiter bewirken sicherlich auch die erschwerten Rahmenbedingungen und Regulierungen neue Herausforderungen, wie zum Beispiel die MDR oder auch die Unregelmässigkeiten in den Lieferketten. Ausserdem stellt die Digitalisierung die Branche vor neue Aufgaben: Es braucht grosse Investitionen, welche sich nicht immer gleich auszahlen und viel Veränderungs-Management erfordern.

Sie sind seit über 10 Jahren bei Johnson & Johnson und nun bald ein Jahr als Managing Director MedTech Switzerland im Lead. Was war für Sie in dieser Zeit das intensivste Erlebnis?

Die besten und intensivsten Erlebnisse sind für mich immer Erlebnisse mit dem Team. Ich arbeite sehr eng und gerne mit jedem/r einzelnen meiner Mitarbeitenden. Es motiviert mich, wenn ich ihre Entwicklung miterlebe und wir gemeinsam wachsen und in dem, was wir machen, besser werden. Ausserdem schätze ich die intensiven und häufig sehr positiven und lehrreichen Momente mit den Kunden.

Was fordert Sie heraus?

Ich bin gerne gefordert und ich liebe meine Aufgabe. Dieses Jahr war sicherlich aussergewöhnlich unter vielen Aspekten, ich habe die Chance erhalten, viel zu lernen. Die grösste Herausforderung besteht jeweils darin, den Fokus nicht zu verlieren und Zeit für Reflexion einzuplanen.

Wie verhalten Sie sich, wenn es brenzlig wird?

Ich versuche den Blick auf das Ganze nicht zu verlieren und bleibe meinen Werten treu. Manchmal brauche ich auch frische Luft, um meine Gedanken zu ordnen oder den Austausch mit einer vertrauten Person.

Was war Ihr Traumberuf als junges Mädchen?

Eine Zeit lang war es Kinderärztin, das hat aber immer wieder geändert, ich hatte keine exakte gleichbleibende Vorstellung.

Wie lautet Ihr persönliches Karriererezept?

Neugierig und bestrebt sein, aus einer Chance das Beste zu machen und aus Fehlern zu lernen. Die Menschen, mit denen man arbeitet (Team, Kunden, externe Partner) und denen man begegnet, sind für mich die Quelle der Inspiration und der Antrieb für meine persönliche Entwicklung.

Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?

Transformational. Ich bin bestrebt, Teams um eine Vision herum zu gruppieren und sie zu motivieren, dieser Vision zu folgen. Weiter versuche ich aktiv als Stimulator für Kreativität und Innovation zu agieren, in dem ich den Raum für Kreativität gebe und Fehler zulasse. Als Leaderin habe ich den Anspruch an mich, individuelle Bedürfnisse zu erkennen und fähig zu sein, auf diese mit unterschiedlichen Mitteln einzugehen. Ausserdem bin ich der Überzeugung, dass Führung auch etwas mit Vorleben zu tun hat, also durch das eigene Verhalten andere zu beeinflussen.

Was ist für Sie beim Führen das Allerwichtigste?

Gemeinsam eine Vision zu verfolgen und dazu benötigt es Authentizität und Transparenz.

Welcher Typ Mensch passt zu Johnson & Johnson?

Da gibt es keinen Typ Mensch. Wir fördern bewusst die Diversität – dies ist auch bei uns im Credo festgehalten. Ich persönlich bin sehr stark davon überzeugt, dass unterschiedliche Profile, Generationen und Erfahrungen uns als Unternehmen weiterbringen. Es braucht dafür aber auch eine Kultur, welche unterschiedliche Ansätze, Ideen und Initiativen zulässt.

Worauf legen Sie bei der Rekrutierung von neuen Mitarbeitenden besonders Wert?

Das Wichtigste ist der Mindset und das «how». Das heisst nicht, dass Fachwissen, Netzwerk und Ausbildung nicht wichtig wären, aber in diesen Bereichen können Lücken einfacher geschlossen werden. Wir sind sehr daran interessiert, aus unterschiedlichen Bewerberkreisen zu rekrutieren, um die Diversität zu fördern und um den Anforderungen der unterschiedlichen Geschäftsbereiche gerecht zu werden.

Neben Ihrer Arbeit als Managing Director sind Sie Mutter von einem Kind. Wie bringen Sie Familie und Beruf unter einen Hut?

Das ist eine gute Frage. Ob ich dies schaffe oder nicht, müsste wohl mein Sohn Ihnen in 10 Jahren beantworten. Grundsätzlich ist aus meiner Sicht eine gute Organisation, ergo ein flexibles Betreuungsnetzwerk und klare Prioritätensetzung wichtig. Ich habe das grosse Glück, dass wir grossartig von meiner Mutter unterstützt werden. Sie deckt an einem Tag in der Woche die Betreuung ab und ist sehr flexibel, um bei Engpässen einzuspringen. Ich habe meine Abendtermine seit der Geburt von Rafael stark reduziert und versuche, wenn ich mit Rafael Zeit verbringe, nicht nur anwesend, sondern auch wirklich präsent zu sein. Davon profitiert mein Sohn, aber auch ich, da ich bewusst abschalte und es mir die Möglichkeit gibt, die «Berufsbatterien» aufzuladen. Ausserdem hat mich das Muttersein auch Vieles gelehrt, das ich bei der Arbeit einsetzen kann. Aber selbstverständlich ist es nicht immer einfach und es gibt Tage, da habe ich das Gefühl, ich werde niemandem gerecht.

Wie wichtig ist Ihnen Ihre persönliche Freizeit und wie gestalten Sie diese?

Menschen stehen bei mir grundsätzlich und so auch in meiner Freizeit im Zentrum. Am liebsten bin ich mit meiner Familie und meinen Freunden gemeinsam unterwegs.

Wenn Sie etwas mit einem Fingerschnipp verändern könnten, was wäre das?

Dass wir im Gesundheitswesen einen qualitätsbasierten Wettbewerber hätten. Davon würden alle profitieren und wir könnten das System auf andere Länder ausweiten.

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