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Schweizer Führungskräfte im Gespräch
Lachen und ehrliche Kritik inspirieren mich

Angelika Stofer ist Managing Director der EUROIMMUN Schweiz AG, der Tochtergesellschaft eines weltweit agierenden Herstellers für In-Vitro-Diagnostik (IVD) mit Hauptsitz in Lübeck. Im Stettler CEO Talk spricht sie über die Herausforderungen, die sich ihr in den letzten Jahren als Managing Director bei der EUROIMMUN Schweiz AG gestellt haben, leitet aus Ihrer Geschichte ein Karriere-Rezept ab und erzählt uns, wie sie mit ehrlicher Kritik als Führungspersönlichkeit umgeht und was für sie Führen konkret bedeutet.

Angelika Stofer, wie würden Sie das Jahr 2022 aus Ihrer beruflichen Perspektive kurz zusammenfassen?

Wir mussten uns fokussieren und haben uns auf unternehmerisch nachhaltige Kundenprojekte konzentriert. Gleichzeitig haben wir uns um die Umsetzung der neuen regulatorischen IVD-Anforderungen gekümmert und in unsere Aus- und Weiterbildung investiert, um die zusätzlichen Aufgaben als Schweizer Bevollmächtigter zu erfüllen. Als Schweizer Bevollmächtigter repräsentieren wir die EUROIMMUN AG gegenüber der zuständigen schweizerischen Behörde Swissmedic und erhalten so den Marktzugang in der Schweiz. Daneben haben wir unsere interne Digitalisierung weiter vorangetrieben, um Arbeitsprozesse zu erleichtern. Das alles machte 2022 zu einem spannenden Jahr.

Vor rund 4 Jahren wurde EUROIMMUN durch PerkinElmer übernommen. Wie haben Sie diese Zeit der Übernahme bis heute erlebt?

Eine Übernahme bringt Unruhe und Verunsicherungen mit sich. Bei uns kam ein Kulturwandel dazu: Das vom Firmengründer geführte Unternehmen wurde zu einem börsenkotierten Konzern. Heute darf ich sagen: Die Übernahme hat uns gestärkt. So konnten wir als Schweizer Tochter einer deutschen Firma in US-amerikanischem Besitz, die für eine erfolgreiche Marktbearbeitung notwendige Autonomie bewahren. Das hat dem Team Vertrauen und Sicherheit gegeben und uns den erfolgreichen Umgang mit den Pandemiejahren ermöglicht.

Das klingt danach, als wären Sie in den letzten Jahren nicht nur Geschäftsführerin, sondern auch Krisenmanagerin gewesen. Wollten Sie schon als junges Mädchen Unternehmensleiterin werden oder hatten Sie andere Pläne?

(Lacht) Ich konnte schon immer gut aufräumen! Vielleicht half diese Qualität, die vielen unterschiedlichen Aufgaben unter einen Hut zu bringen. Gleichzeitig war ich immer schon sehr neugierig. Ich hatte keinen fixen Berufswunsch, sondern wollte Vieles entdecken. Meine Karriere entwickelte sich dann ganz natürlich. Wenn sich eine Chance ergab, habe ich sie gepackt. Das hat mich auch zu den richtigen Mentoren und unterstützenden Persönlichkeiten geführt. Ohne sie wäre ich heute nicht da, wo ich bin, und dafür bin ich ihnen und dem Leben dankbar.

Hatten Sie nur «Glück» oder können Sie für uns ein Karriere-Rezept ableiten?

Mein «Glück» war es, dass ich jeweils hinten im Auto meiner Eltern sitzend auf dem Weg von meiner Heimatgemeinde nach Luzern am «Schoggiblock» (Luzerner Kantonsspital) vorbeigefahren bin. Als es um die Berufswahl ging, dachte ich: Da könnte ich doch arbeiten. So bin ich in der In-Vitro-Diagnostik gelandet, die mich bis heute fasziniert.

Auf meinem bisherigen Karriereweg haben mich vier Prinzipien geleitet. Erstens: Staune unvoreingenommen. Zweitens: Habe den Mut zu sagen, was du denkst. Drittens: Frag nach und lass dich nicht ins Bockshorn jagen. Die kompetente Gegenfrage entschärft und man erhält auf diese Weise kompetente Antworten, von denen man am Ende wiederum selbst lernen kann. Und viertens: Nimm Dinge nicht allzu persönlich.

Das hört sich alles einfach an, ist dem auch so?

Ich glaube schon. Wobei für mich etwas Zusätzliches sehr essenziell ist: Mein Interesse an Menschen. Seien das meine Mitarbeitenden oder unsere Kundinnen und Kunden. Und nicht zu vergessen, die Menschen innerhalb der Familie. Ohne die Energie meiner Liebsten hätte mein Leben wohl ganz anders ausgesehen.

Welche Menschen haben Sie nachhaltig inspiriert?

Das waren einige ­ sowohl im Positiven als auch im Negativen. Ich erwähne sehr gerne die Positiven, wie zum Beispiel meinen Grossvater und meine Eltern, die mich in meinem Urvertrauen bestärkt haben. Sie haben mich gelehrt, was Respekt anderen gegenüber wirklich bedeutet. Die erwähnten Mentoren haben mich darin bestärkt, Vertrauen in meine Kompetenzen und meine Arbeit zu haben. Und schlussendlich bestätigen und inspirieren mich meine Mitarbeitenden tagtäglich durch ihr Lachen, ihre Begeisterungsfähigkeit und ihre ehrliche Kritik.

Ehrliche Kritik, wie gehen Sie als Führungspersönlichkeit konkret damit um?

Kritik ist eine «prüfende Beurteilung» und bildet die Basis zur Debatte. Sie bringt uns weiter. Darum ist mir Kritik als Teil der Teamkultur wichtig.

Was bedeutet für Sie Führen?

Führen ist für mich das vertrauensvolle Zusammenspiel zwischen mir und meinen Mitarbeitenden. Ich diktiere nicht, sondern wir stehen im Dialog. Letztlich trage ich die Verantwortung für Entscheide, die verantwortungsbewusste Menschen im Sinne des Teams und des Unternehmens gefällt haben. Das macht mich zum Skipper einer eingespielten Crew, auch in stürmischen Zeiten.

Welche Anforderungen würden Sie generell an ein neues Teammitglied Ihrer Crew stellen?

In unserem Team sind Menschen erfolgreich, die Freude haben an ihrer Tätigkeit, uns mit ihren Kompetenzen überzeugen, selbständig und selbstbewusst denken und handeln sowie ehrlich und respektvoll miteinander umgehen. Und es braucht ein Verständnis für Wirtschaftlichkeit.

Wir haben einiges über die gut eingespielte Crew gehört. Wie sieht aus Ihrer Sicht die Wetterlage auf hoher See in der Zukunft aus?

Böig. Die See bleibt in Bewegung. Wir sind gefordert, wenn wir weiterhin hart am Wind bleiben wollen. Aber wir werden garantiert die Lust am Segeln nicht verlieren.

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Wie gelingt erfolgreiche Führung im dynamischen Umfeld des Gesundheitswesens? Was macht Arbeitgeber in Pharma, Hospital und Medizintechnik attraktiv? Im Stettler CEO Talk kommen jeden Monat exklusiv Schweizer Führungskräfte zu Wort und bringen auf den Punkt, was sie persönlich und die Branche bewegt.

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