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Interview mit Dr. Lucas Schalch von Intergenerika

Sie spielen eine wichtige Rolle bei Reformdiskussionen und Abstimmungskämpfen. Doch wofür stehen die verschiedenen Verbände und welche Visionen verfolgen sie? Verschaffen Sie sich in unserer Serie „Schweizer Interessenverbände“ einen Überblick. Heute stellen wir Ihnen Intergenerika, die Vereinigung der führenden Generika- und Biosimilarsfirmen in der Schweiz, vor und richten unsere Fragen an den Geschäftsführer von Intergenerika, Dr. Lucas Schalch nach.

Lucas Schalch, was brennt Ihnen aktuell am meisten unter den Nägeln?

Was mich aktuell am meisten beschäftigt, sind die zahlreichen politischen Diskussionen, die leider oft nicht auf einer fundierten Faktenbasis geführt werden. Insbesondere im Gesundheitswesen der Schweiz herrscht eine grosse Hektik, die zu unsachlichen Debatten und vorschnellen Entscheidungen führt. Der Kostenröhrenblick – also der einseitige Fokus auf eine vermeintliche Kostenexplosion – ist aus meiner Sicht nicht gerechtfertigt. Eine genaue Analyse der Daten zeigt, dass das Gesundheitskostenwachstum pro Kopf bereits am Sinken ist. Das zeigt, dass wir auf einem sehr guten Weg sind. Es besteht jedoch die Gefahr, dass wir durch überstürzte Massnahmen mehr Schaden anrichten, anstatt das System weiterhin konstruktiv und effizient weiterzuentwickeln.

Welche besondere Herausforderung begegnet Ihnen in Ihrer Rolle als Geschäftsführer von Intergenerika?

Die grösste Herausforderung besteht darin, die unterschiedlichen Erwartungen und Bedürfnisse unserer Mitglieder zu erfüllen. Intergenerika agiert in einem äusserst dynamischen Umfeld, das hohe Flexibilität und schnelle Reaktionsfähigkeit erfordert.

Sie haben die Geschäftsführung von Intergenerika im November 2022 übernommen. Welche wichtigen Projekte konnten Sie in diesen rund 1 ½ Jahren anstossen oder vorwärtstreiben?

Ein zentrales Projekt war die Umsetzung des Kostendämpfungspakets 1, das Intergenerika stark betroffen hat. Die Vernehmlassung zu den entsprechenden Verordnungsanpassungen stiess auf breite Ablehnung bei allen Akteuren. Im Januar 2024 hatte ich die Gelegenheit, bei einem Hearing der nationalrätlichen Gesundheitskommission unsere Position darzulegen. Ein weiterer Meilenstein war die Ausarbeitung eines Kompromisses zur Preisfestlegung von Generika und Biosimilars, der im Januar 2024 in Kraft trat. Dieser Kompromiss wurde erfolgreich zur Zufriedenheit unserer Mitglieder umgesetzt, wodurch wir den negativen Einfluss auf unsere Branche minimieren konnten.

Was ist Ihre persönliche Motivation, den Verband zu führen?

Meine Motivation, den Verband zu führen, liegt darin, einen Beitrag zu einem effizienten und qualitativ hochwertigen Schweizer Gesundheitswesen zu leisten. Generika und Biosimilars spielen dabei eine entscheidende Rolle. Wenn wir es schaffen, die Balance zu halten – also die Preise nicht so weit zu senken, dass es zu Versorgungsengpässen kommt und teurere Alternativen notwendig werden – und gleichzeitig ein wirtschaftlich stabiles Umfeld zu schaffen, das den Vertrieb dieser Medikamente ermöglicht, dann haben wir wirklich etwas Grossartiges erreicht. Dieses Ziel zu erreichen, das motiviert mich.

Wie entwickelt sich der Marktanteil von Generika und Biosimilars im Schweizer Arzneimittelmarkt?

Die Entwicklung der Generika- und Biosimilar-Verkäufe verläuft äusserst positiv. Besonders seit dem 1. Januar 2024 verzeichnen wir ein starkes Wachstum. Generika haben um rund 7% zugelegt, während der Absatz von Biosimilars sogar um 39% gestiegen ist.

Worin sehen Sie die Gründe für dieses Wachstum?

Zum einen wächst das Bewusstsein bei Patientinnen, Patienten und der Ärzteschaft, dass kostengünstigere Therapien eine sinnvolle Option darstellen. Gleichzeitig setzt sich immer mehr die Überzeugung durch, dass Generika und Biosimilars qualitativ hochwertige Alternativen zu einem günstigeren Preis bieten. Darüber hinaus haben auch verschiedene politische Massnahmen zur Förderung dieser Medikamente beigetragen. Vor allem aber hat sich das Mindset im Markt verändert, was den Erfolg dieser Produkte weiter vorantreibt.

Seit dem 1. Januar 2024 erhöht sich der Selbstbehalt für Versicherte auf 40 Prozent (bisher 20 Prozent) für Medikamente, die im Vergleich zu gleichwertigen Generika oder Biosimilars teurer sind. Hat diese Massnahme bereits Auswirkungen auf die Verschreibungen gezeigt?

Vorweg möchte ich erwähnen, dass sich Intergenerika gegen diese Erhöhung des Selbstbehalts ausgesprochen hat. Zwar wurde die Massnahme eingeführt, jedoch gab es viel Missverständnis in der Kommunikation, da nicht alle Originalmedikamente betroffen sind, sondern nur diejenigen, deren Preis nicht auf das Niveau der Generika und Biosimilars gesenkt wurde. Meiner Meinung nach ist der Effekt der 40 Prozent eher psychologischer Natur. Viele Hersteller haben reagiert, indem sie ihre Preise angepasst haben, um den höheren Selbstbehalt zu vermeiden. Der direkte Einfluss auf die Verschreibungen ist daher sehr gering. Indirekt wirkt die Massnahme jedoch, da die Unsicherheit bei den Versicherten wächst und viele nun verstärkt auf die günstigeren Alternativen zurückgreifen.

Wer vertritt die Anliegen des Verbandes in Bundesbern?

Die Interessen unseres Verbandes werden von unserem Verbandspräsidenten und Nationalrat Thomas de Courten sowie von mir vertreten. Dies ist jedoch keine „Two-man-show“. Vielmehr erreichen wir dank der engagierten Unterstützung und der aktiven Mitarbeit unserer Mitglieder langsam aber sicher Gehör in Bundesbern.

Wohin soll sich Intergenerika entwickeln?

Im Vergleich zu anderen sind wir ein kleiner Verband, aber wir arbeiten intensiv daran, als seriöser und lösungsorientierter Partner anerkannt zu werden, der wertvolle Beiträge zu praktikablen Kompromissen leisten kann. Unser Ziel ist es, als solcher Partner im Gesundheitswesen geschätzt zu werden. Es gibt noch viel zu tun, doch wir kommen unserem ambitionierten Ziel Schritt für Schritt näher.

Zu Intergenerika: Intergenerika ist die Vereinigung der führenden Generika- und Biosimilarsfirmen in der Schweiz, die sich für die Akzeptanz und Verbreitung von qualitativ gleichwertigen, aber preiswerteren Arzneimitteln einsetzt und die Kontakte zu Behörden, Politik und Medien koordiniert, um optimale Rahmenbedingungen für eine kosteneffiziente Versorgung im Gesundheitssektor zu schaffen.

Gründung: 2001
Anzahl Mitglieder: 7

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