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Schweizer Führungskräfte im Gespräch
«Caring» als zentrale Führungseigenschaft

Im Rahmen des Stettler CEO Talks spricht Alexander Salzmann, Country Head der Sandoz Pharmaceutical AG, über die Auswirkungen des Börsengangs von Sandoz. Zudem erläutert er, warum er die Entwicklung von Biosimilars und Generika als entscheidend für das Gesundheitswesen betrachtet und weshalb «Caring» für ihn die zentrale Führungseigenschaft darstellt.

Am 4. Oktober 2023 ist Sandoz nach der Abspaltung von Novartis an die Börse gegangen. Alexander Salzmann, wie wirkt sich diese strategische Entscheidung auf die operativen Abläufe, die Unternehmenskultur und die langfristige Wachstumsstrategie von Sandoz aus?

Wir sind überzeugt, dass wir dank der neu gewonnen Eigenständigkeit und Unabhängigkeit von Novartis, unsere Vision – das führende und wertvollste Generika- und Biosimilar-Unternehmen der Welt zu sein – besser erreichen können. Jetzt können wir Investitionsentscheidungen, z.B.  in der Biosimilarentwicklung oder bei der Erweiterung von Produktionskapazitäten, selbst treffen und unsere Prozesse und Abläufe so ausrichten, dass sie einer Generika- und Biosimilarfirma entsprechen. Wir hatten immer schon unsere einzigartige Sandoz-Kultur. Mit der Abspaltung erhoffe ich mir, dass sich diese noch stärker entfaltet und die Teams noch unternehmerischer denken und handeln werden.

Sandoz initiierte 1996 das weltweit erste Biosimilar-Entwicklungsprogramm und ist heute ein Weltmarktführer im Bereich generische Biopharmazeutika. Inwiefern hat Sandoz mit Biosimilars das Gesundheitswesen in der Schweiz beeinflusst und wird es weiter beeinflussen?

Ich bin stolz darauf, dass unsere Firma vor fast 30 Jahren die Voraussicht und den Willen hatte, in die Forschung von biologischen Nachahmerprodukten – den Biosimilars – zu investieren und damit auch neue regulatorische Richtlinien entscheidend mitgestaltet hat. Biosimilars sind nebst Generika eine unverzichtbare Möglichkeit, um Kosten im Gesundheitswesen zu senken ohne Einbussen bei der Wirksamkeit oder Sicherheit. Es handelt sich hier konkret um kostenintensive Therapien, welche häufig über längere Zeit angewendet werden. Deshalb ist das Einsparpotenzial besonders hoch. In der Schweiz könnten pro Jahr weitere rund 100 Millionen Franken eingespart werden, wenn konsequent Biosimilars angewendet würden. Als Pionierin und Marktführerin kommt uns eine wichtige Rolle zu, das Verständnis und die Akzeptanz dieser zukunftsträchtigen Medikamentenklasse zu steigern.

Sie sind seit rund sieben Jahren bei Sandoz und nun bald zwei Jahre Country Head der Sandoz Schweiz. Was war für Sie in dieser Zeit das intensivste Erlebnis?

Ich war während der letzten sieben Jahre zwei Jahre im deutschen und fünf Jahre im Schweizer Markt tätig. Wenn ich auf meine Zeit in der Schweiz zurückschaue, dann war es vermutlich die Zeit vor sieben Jahren, als wir erfolgreich die ersten komplexen Biosimilars im Bereich der Rheumatologie und Onkologie auf den Markt brachten. Es gab eine grosse Erwartungshaltung intern und einen hohen Zeitdruck, während wir gleichzeitig das Team aufgebaut, die Ärzteschaft mit Biosimilars vertraut gemacht und auch offene regulatorische Fragen geklärt haben. Gemeinsam sind wir durch diese intensive Zeit gegangen und dank des grossen Engagements des Teams sind wir heute Marktführerin bei den Biosimilars in der Schweiz.

Auf Ihrem LinkedIn-Profil steht folgender Slogan «Together achieve 100% Generics use in CH». Weshalb sind Sie überzeugt, dass eine vollständige Umstellung auf Generika für die Schweiz von grossem Vorteil sein wird?

Öffentlich wird seit Jahren über steigende Gesundheitskosten diskutiert. Höhere Krankenkassenprämien belasten die Schweizer Haushalte zunehmend und die Sorge darüber belegte im Schweizer Sorgenbarometer 2023 den ersten Platz. Medikamente sind mit 22% Kostenanteil in der obligatorischen Krankenversicherung zwar nicht Hauptkostentreiber, trotzdem sehen wir mit der vollständigen Umstellung auf Generika im patentfreien Markt eine grosse Chance, um dem Kostenanstieg entgegenzuwirken. Das ungenutzte Einsparpotenzial bei Generika und Biosimilars lag 2023 bei über 200 Millionen Franken. Nur zusammen mit allen Stakeholdern im Gesundheitssystem können wir dieses Einsparpotenzial nutzen, indem wir das Verständnis für Generika erhöhen oder Fehlanreize abbauen. Schlussendlich sind es genau diese Einsparungen, welche den medizinischen Fortschritt auch in Zukunft finanzierbar machen. Neben den Einsparungen bieten Generika noch einen weiteren, oft vergessenen Vorteil: Aufgrund des Markteintritts von Generika bei Patentablauf eines Originals ergibt sich für Originatorenfirmen ein Innovationsdruck, um neue Medikamente zu entwickeln, welche bisher noch nicht adressierte Patientenbedürfnisse abdecken.

Wagen wir einen Blick in die Zukunft: Wo sehen Sie Sandoz in fünf Jahren?

Ich möchte betonen, dass die Sandoz einen ganz klaren strategischen Fokus hat: Generika und Biosimilars auf den Markt zu bringen – nicht mehr und nicht weniger. Um diese Strategie umzusetzen, sind wir global bestens aufgestellt: Wir haben bei den Generika und Biosimilars eine attraktive Pipeline, ein hoch motiviertes Team, und alle relevanten Kapazitäten und Expertise unter einem Dach. Weltweit erwarten wir, dass sich der für uns relevante Markt mit patentabgelaufenen Medikamenten bis 2031 auf über 400 Milliarden Dollar verdoppeln wird. Ich bin deshalb vollkommen überzeugt, dass wir auch in fünf Jahren noch die wertvollste Generika- und Biosimilar-Firma sein werden.

Was sollen neue Mitarbeitende der Sandoz Schweiz mitbringen, um eine erfolgreiche Karriere zu starten?

Als Startpunkt sollte man Stolz und Freude dabei empfinden, für ein Unternehmen zu arbeiten, welches die Grundversorgung mit Medikamenten sicherstellt. Rund 10% der in der Schweiz jährlich abgegebenen kassenpflichtigen Medikamente stammen von Sandoz. Dann ist ein hohes Mass an Lernbereitschaft essenziell, um die vielfältigen Aufgaben und oft wechselnden Situationen erfolgreich meistern zu können. Des Weiteren muss man Teamarbeit mögen und einen – wie wir es nennen – Generika-Mindset mitbringen, sprich: Eine Lösung muss nicht zwingend perfekt sein, optimal ist in den meisten Fällen ausreichend.

Wie lautet Ihr persönliches Karriererezept?

Primär ist es wichtig, eine Tätigkeit zu finden, welche einen erfüllt und Freude macht. Zusätzlich muss man bereit sein, die sogenannte Extrameile zu gehen und wenn möglich zusätzliche Verantwortung zu übernehmen. Des Weiteren finde ich persönliches Wachstum eminent wichtig, sprich auf den eigenen Stärken aufbauen und gezielt an wenigen Schwachstellen arbeiten. Abschliessend rate ich aber auch jedem, authentisch zu bleiben und nicht verkrampft nur einen spezifischen Karriereweg zu verfolgen. Opportunitäten kommen oft unverhofft und auch wenn sie selten 100% passen, muss man halt manchmal einfach den Sprung ins kalte Wasser wagen.

Was fordert Sie heraus?

Es klingt möglicherweise ein wenig seltsam, aber ich mag persönlich herausfordernde Situationen; sprich wenn ein grösseres Problem besteht, viel Druck herrscht und die Lösung nicht offensichtlich ist. In solchen Situationen ruhig zu bleiben und eng zusammen mit dem Team an Lösungsoptionen zu arbeiten, das finde ich enorm bereichernd. Ich vergleiche es immer ein wenig mit meinem grossen Hobby – dem Tennis; um im dritten Satz zu gewinnen ist oft nicht mehr die Spielstärke entscheidend, sondern man muss gelassen bleiben, einen guten (Game-)Plan haben und diesen konsequent durchziehen – natürlich mit der nötigen Ausdauer.

Was ist für Sie beim Führen das Allerwichtigste?

Ich könnte jetzt von «Northstar» und der Definition von klaren Zielen sprechen. Oder einer Führung, welche auf die individuellen Neigungen, Stärken und Schwächen eingeht. Dies sind alles wichtige Elemente einer guten Führung und stellen für mich die Basis dar. Jedoch sticht für mich eine Führungseigenschaft noch mehr heraus, nämlich «Caring». So versuche ich nach der Prämisse zu führen, dass Menschen ihre besten Leistungen erbringen, wenn sie mit und für Menschen arbeiten, die ihnen echte Unterstützung und Zuneigung bieten, d.h. unter anderem aufrichtiges Interesse auch über die Arbeit hinaus leben, Wertschätzung zeigen, stark in die Entwicklung investieren, aber auch klares, ehrliches Feedback geben.

Welche Menschen inspirieren Sie und weshalb?

Mich faszinieren Persönlichkeiten, welche es wagen, gross und unkonventionell zu denken. Welche mutige Ideen haben, daraus mitreissende Visionen ableiten und diese konsequent – auch ohne Rücksicht auf persönlich Mühsale – verfolgen.

Ihr Lieblingszitat?

“We win or we learn”: weil darin für mich die Aufforderung liegt, immer wieder neue Wege zu gehen ohne Angst vor dem Scheitern haben zu müssen. Und nur, indem wir immer wieder den Status Quo hinterfragen und neue Ansätze ausprobieren, können wir der Konkurrenz einen Schritt voraus sein.

Wenn Sie etwas mit einem Fingerschnipp verändern könnten, was wäre das?

Auch in der Schweiz beobachte ich vermehrt eine Polarisierung des gesellschaftlichen Diskurses. Ich würde mir wünschen, dass wieder mehr Menschen bereit sind, aus ihren oft bequemen Echokammern auszubrechen, mit Andersdenkenden in einen offenen Dialog zu treten und von Maximalforderungen abzurücken, um Kompromisse einzugehen. Wir müssen für unsere Demokratie Sorge tragen und dies wäre ein wichtiger Schritt.

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